Das im Prinzip sinnlose Beschreiben von Landschaften

Abdrucke

auch in:

 

Der Text ist dialogisch gestaltet: Eva Dempsey beschreibt die sie umgebende Landschaft, unterbrochen von ihrem Mann Dempsey, der sie verprügelt (

Ge­walt

) und seinerseits seinen liebsten

Sport

, den Eiskunstlauf, beschreibt. Schließlich stößt er sie in einen See und meint, dass sie nun nichts mehr beschreiben muss, da sie selbst Teil der von ihr beschriebenen

Na­tur

geworden ist. Jelinek zeigt, wie die

Frau

, die künstlerisch tätig sein will (

Künst­le­rin

), vom

Mann

daran gehindert wird.

 

Fasse dich möglichst kurz, sagt Dempsey, denn in einer Jubiläumsnummer wollen viele sein. So bleibt dir wenig Raum für deinen ganz individuellen Ausdruck übrig. Ich beschreibe dennoch jetzt, wenn auch kurz, diese Gegend, widerspricht seine Frau Eva, damit ein erzählerisches Fleisch hinzukommt. Soviel Platz muß sein. Also wir befinden uns augenblicklich an einem Strand, an dem man wildbadet, er ist aber kein ausgesprochenes Wildbad, wie man es für Greise und Invalide verwendet. Der Strand liegt an einem Fluß, den ein Gletscher in jahrelanger Arbeit ausgegraben hat. Daher das viele unangenehme Geröll, auf dem man ausrutscht, sofern man naß ist. Das Wasser ist kristallklar bis zum Grund, Forellen tummeln sich darin, man sieht sie durch die Oberfläche des Wassers hindurch, es ist wie bei einer Klarsichtpackung, bei der man immer erkennen kann, wieviel drinnen ist.

aus: Elfriede Jelinek: Das im Prinzip sinnlose Beschreiben von Landschaften. In: Forum Stadtpark (Hg.): 20 Jahre manuskripte 69/70 (1980). Graz: Forum Stadtpark 1980, S. 6-8, S. 8.