Zeitdiebstahl

Abdrucke

auch online:

 

Über ihr Verhältnis zu Kino und Film seit ihrer Kindheit (

Per­son

), in der sie möglichst viel Zeit in Kinos, die es heute nicht mehr gibt, verbrachte. Die Technik, auf der das geheimnisvolle Erleben von Zeit und Wirklichkeit auf der Leinwand beruhe, trete im Kino völlig zurück.

 

Licht kennt schließlich jeder, und jeder weiß auch, wie es ausgegangen ist, wenn das Licht wieder angeht. […] Doch da war etwas dazwischengeschaltet, etwas wurde in Gang gesetzt, das sich aber nicht direkt verwerten ließ, was auch wieder ein Kennzeichen von Technik ist. Irgendwo mußte jemand ja die Bilder reinwerfen, die ich als Kind bestaunt hatte und begrüßt als etwas, das mich aus der Zeit rausgeholt hatte, gleichzeitig aber mir selbst Zeit genommen hatte (ich wollte mir nicht Zeit fürs Kino nehmen, sondern daß das Kino mir Zeit nimmt), was mir sehr willkommen war, ich hätte in dieser Zeit ja auf drei, vier Musikinstrumenten üben müssen. Die Zeitdiebin Film hätte von mir aus ruhig öfter kommen dürfen. Sie ist auch mindestens einmal die Woche gekommen und meist öfter. Daß sowas Schönes wie Film entsteht, konnte aber nichts Technisches haben, obwohl es aus technischen Erfindungen entstanden ist.

aus: Elfriede Jelinek: Zeitdiebstahl. In: cargo 48 (2020), S. 14-15, S. 14.

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