Alle Handgriffe werden ergriffen, alle, die grad da sind, und das sind die Wörter der Sprache,
die ergriffen werden müssen, damit etwas entsteht, ob am Boden oder in der Luft.
Und auch wenn es in der Luft geschieht, ist bei Elfriede Gerstl, dieser zierlichen,
schwerelosen Frau, etwas sehr Irdisches, eben Maschinelles am Werk. […]
Vielleicht ist es das, worum es bei ihr geht, das Gegenteil von Ergriffenheit (auch
wenn vieles eben angegriffen wird, nein: angefaßt), und vielleicht fällt mir deshalb
Wittgenstein immer wieder zu Elfriede Gerstl ein: Sie greift alles an, und was sie da
angreift, sind Haltegriffe, Kurbeln, Schalter für dieses fragile Gebilde Gedicht (von
dessen Fragilität sie immer eine Ahnung hatte, denn ihre Existenz war lange, fast
immer, eine sehr gefährdete, bedrohte, im wahrsten Sinn des Wortes. [...]).
aus: Elfriede Jelinek: Vom Boden abgestoßen.
In: Gerstl, Elfriede: Lebenszeichen. Gedichte Träume Denkkrümel. Graz: Droschl 2009, S. 61-66, S. 63.
Nachwort und Nachruf auf
Elfriede Gerstl
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Gerstl
sei ein „leichtfüßiger Mensch“ gewesen, jemand, „der immer nur wegfliegen wollte“. Ihre Gedichte seien das Ergebnis einer zarten, aber entschlossenen Hand, die eine Maschinerie in Bewegung gesetzt habe.