Wie weiß man, wann ein Getränk geglückt ist? Wenn man glücklich ist beim Trinken?
Und danach? Schon vorher? Ich weiß nun zufällig, daß man glücklich sein sollte,
diesen Whisky zu trinken, denn man hat es mir gesagt. Er geht in uns hinein, und
dann verabschiedet er sich endlos, auch wenn er schon längst unten ist, in uns, ja,
er weiß, wie er mit uns umzugehen hat: möglichst lange nachwirken! Damit wir in Ruhe
seine Beurteiler spielen können und keiner beim Trinken auf unsre guten Manieren schaut,
weil alle in sich hineinhorchen, ob es noch da ist, das Getränk, ob man noch was spürt
von ihm und ob man noch was nachschütten darf, weil es sich zu verflüchtigen droht. Ich
will jetzt nicht die Besorgte sein, aber zu oft sollte man das nicht probieren, sonst
kommt eine ganz schöne Menge zusammen, der wir da nachhorchen wollen, ob sie schon weg ist,
damit wir das Haustor zusperren können. Wer weiß, wer da sonst noch daherkommt. Da könnte ja
jeder kommen und uns den Körper des Getränks wegnehmen.
aus: Elfriede Jelinek: Das Getränk , November 2000.
Der Steuerberater
Horst Weninger
bat Jelinek um diesen Text und ließ ihn als Beilage zu einem Whisky drucken, der in einer Holzkiste eingepackt war, als Geschenk im Freundeskreis; rund 200 Stück wurden verteilt.