Die Anmaßung der Frauen, die mit ihrem Geschlecht die Männer in den Kampf treiben, wird durch eine Künstlerin verwischt,
übermalt und die übermalt damit alle Fähigkeiten der Frau, alles was sie mit ihrer Vulva anfangen kann, ja sogar Witze reißen,
das ist ihre Souveränität, sie übermalt sie also, um sie zur Kenntlichkeit zu bringen, um die Subversion eines Geschlechts,
das auch ganz anders könnte, nicht nur gebären (oder doch gebären, aber FÜR SICH selbst), zu verdecken
(und damit erst recht hervorzuheben) als etwas, das sich noch über das Freud’sche Über-Ich setzt, als Über-Über-Ich,
sie muß ja zweimal aufzeigen, um einmal gehört zu werden, über das Totem, über das Tabu, bis diese Verdeckung das hervorbringt,
was man nicht sehen soll und nicht sehen darf, aber immer und immer wieder sehen WILL. Wenn die Frau es gestattet,
wenn sie es fordert, nicht weil ein Anderer es will.
aus: Elfriede Jelinek: An und für sich selbst . In: Rebecca H. Quaytman: An Evening. Hg. v. Secession. Wien: Secession 2017, unpag. (= Katalog zur Ausstellung R. H. Quaytman. An Evening, Chapter 32 in der Wiener Secession vom 17.11.2017-28.1.2018)
Über
Rebecca H. Quaytmans
Arbeiten, in denen sie sich mit zwei Gemälden
Otto van Veens
, Die Perserinnen und Amazonen und Skythen , auseinandersetzt; über das von
Quaytman
verarbeitete Motiv der Entblößung der Vulva. Ausgehend von
Quaytmans
Techniken der Übermalung und Verschleierung stellt Jelinek den Bezug zur Verschleierung der
Frau
im
Judentum
und
Islam
her. Verweise auf
Sigmund Freuds
Sexualtheorie (
Psychoanalyse
) sowie
Georges Devereuxs
Baubo. Die mythische Vulva .
Der Text wurde (gemeinsam mit
Gitta Honeggers
englischer Übersetzung) vor Erscheinen des Katalogs als eigenständige Broschüre veröffentlicht.