Die Klavierspielerin. Ein Gespräch mit Elfriede Jelinek.

Nachweis

auch in:

  • Bei, Ne­da

    /

    Wehow­ski, Bran­ka

    :

    La pianista: Extractos de una conversación con Elfriede Jelinek. In: República de las letras 9/

    2005

    , S. 120-131

    (auf Spanisch, Titel: La pianista: Extractos de una conversación con Elfriede Jelinek )

    .

 

Thematisierung einiger Motive, die in Zusammenhang mit ihrem Roman

Die Kla­vier­spie­le­rin

relevant sind. Über die Beziehung zwischen

Mut­ter

und Tochter und die Gewaltentrennung in der

Fa­mi­lie

, wobei sie auch auf ihre eigene familiäre Situation eingeht (

Per­son

). Die Macht der Mutter im Roman wird als „abgleitende Gewalt“ (

Ge­walt

) beschrieben, da sie „nicht ihre Normen“, sondern „die Normen einer Männergesellschaft“ (

Mann

,

Ge­sell­schaft

) durchsetze. Sie grenzt ihre

Schreib­ver­fah­ren

von den feministischen Ansätzen (

Fe­mi­nis­mus

) in den Werken

Ve­re­na Ste­fans

und

Ka­rin Strucks

ab, spricht über weiblichen Voyeurismus (

Frau

) und ihre Beziehung zur

Mu­sik

. Als die für sie wichtigsten Komponisten bezeichnet sie

Schu­bert

,

Brahms

und

Mahler

. Das Scheitern Erika Kohuts begründet sie mit der „phallischen Anmaßung, daß sie sozusagen im Leiden herrschen will“.

 

Neda Bei, Branka Wehowski: Der Schluß deines Romans handelt ja u. a. von dem, was Du dort als „Ministerium des Äußeren“ nennst, Kaufzwang, Wiederholungszwang, Selbstverstüm-melung und ein bedrückend offenes Ende –

Elfriede Jelinek: Ja. Das ist eine Paraphrase auf den Schluß vom „Prozeß“ von Kafka. Daß sozusagen K. als Mann immerhin würdig ist, Opfer zu werden, während die Frau noch nicht einmal würdig ist, Opfer zu werden. Sie kann sich weder als Täter noch als Opfer einschreiben. Und da hab‘ ich dann wirklich eine Paraphrase… ich hab‘ also z. T. wirklich Kafka zitiert, aber verändert.

Aber Du hast doch genügend Mitleid, Erika Kohut eher schon als Verspottete wahrzunehmen, als eine, über die man sich lustig macht?

Ja. Ich würde schon sagen, weil man, weil viele mir das ja absprechen, daß… diese Art von Mitleid. Das wurde bei Flaubert ja auch gemacht, daß er wie mit einem Skalpell an seinen Figuren herumschneide. Das hab‘ ich nie gesehen bei mir. Ich seh‘ immer, daß ich vehement eigentlich Partei ergreife mit dem, was ich schreibe. Aber ich wundere mich immer, daß das offenbar sich nicht vermittelt bei vielen. Die sehen mich nur als kalt und verspottend und distanzierend. Ich seh‘ das nicht so. Aber es ist jedenfalls nicht das große Menschenopfer wie bei Kafka. Das ist ja eine ganz große Zelebration mit diesen beiden Männern in den schwarzen Anzügen, die dann die Kehle durchschneiden.

aus: Neda Bei, Branka Wehowski: Die Klavierspielerin. Ein Gespräch mit Elfriede Jelinek . In: Die Schwarze Botin 24 (1984), S. 3-9 und S. 40-46, S. 42.